Gedanken im Flug

Erst kurz vor der libanesischen Küste lenkte der Pilot die Maschine nach Süden, um den Internationalen Flughafen Rafik Hariri anzusteuern. Lichter blinkten entlang der Küste, über dem Hafen von Beirut und über der Stadt, die die Maschine bei Ras Beirut erreichte. Die Passagiere waren still, alle versuchten, durch die Fenster einen Blick auf ihr geschundenes Land zu erhaschen. Die Landung war kaum zu merken, lediglich die scharfe Bremsung deutete dann doch darauf hin, dass der Pilot die Maschine nicht weiter Richtung Süden auslaufen lassen wollte. Südlich und östlich des Flughafens herrschte tiefe Dunkelheit. Hier ist Dakhieh – im Deutschen ausgesprochen Dachieh – hier liegen die südlichen Vororte von Beirut, die die israelische Armee seit Ende September angreift.

Kein einziger Schuss, keine Rakete, keine Mörsergranaten wurden von hier auf Israel abgefeuert, und doch ist die Bevölkerung dieser Viertel zum Ziel Nummer 1 für Israel geworden. Mehr als eine Million Menschen aus Dakhieh und aus dem Süden des Landes leben heute als Inlandsvertriebene im Norden und Osten von Beirut, in Dörfern der Libanonberge oder nördlich der Hafenstadt Tripoli. Zehntausende sind über die Grenze nach Syrien geflohen, zusammen mit mehr als 400.000 syrischen Flüchtlingen, die zunächst vor dem Syrienkrieg in den Libanon geflohen waren. Nun kehren sie in ihre kriegszerstörte Heimat zurück, um sich vor den israelischen Angriffen in Sicherheit zu bringen. Zwei der drei offiziellen Grenzübergänge zwischen Libanon und Syrien hat Israel zerbombt.

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Israel setzt seine Angriffe unverändert fort

Erstmals seit Jahren wurde wieder der Ort Tulkarem im besetzten Westjordanland von der israelischen Luftwaffe bombardiert. Bei dem Angriff wurden 18 Menschen getötet. Das Palästinensische Gesundheitsministerium gibt die Zahl der von Israel getöteten Kinder, Frauen und Männer seit dem 7. Oktober 2023 mit mehr als 41.700 an. Im Libanon stieg die Zahl der Toten durch israelische Angriffe am Freitag auf 1.976.
In Syrien werden von Israel fast täglich Ziele bombardiert. In der vergangenen Woche
wurde allein der Damaszener Stadtteil Mezzeh drei Mal angegriffen. Dabei kamen
bei einem Angriff auf einen Minibus am Dienstag drei Menschen ums Leben, darunter
die Journalistin Safaa Ahmad, die für das syrische Fernsehen gearbeitet hatte.

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Der UN-Gipfel 2024 und der Krieg in Nahost

Die diesjährige UN-Generalversammlung in New York ist seit Sonntag Bühne für Staatschefs aus aller Welt. Auf einem „Zukunftsgipfel“ werden Sonntagsreden darüber gehalten, was die Vereinten Nationen tun müssen, um die Verpflichtungen einzuhalten, die sie im Hinblick auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) und die Charta der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2030 eingegangen sind. Deutschland und Namibia haben einen Pakt für die Zukunft entwickelt, der vom Plenum bereits am Sonntag angenommen wurde. UN-Generalsekretär António Guterres rief dazu auf, eine „Zukunft für unsere Enkelkinder zu schaffen“.

Tatsächlich ist die „Weltgemeinschaft“ weit davon entfernt, die 17 Nachhaltigkeitsziele auch nur annähernd realisieren zu können. „Keine Armut, kein Hunger, Gesundheit und Wohlergehen und hochwertige Bildung“ lauten die Ziele, die ganz am Anfang der Wunschliste stehen. Für Kriegs- und Krisengebiete auf der Welt ist das Gegenteil der Fall. Das gilt für die Bewohner des Gazastreifens und im von Israel besetzten Westjordanland. Das gilt für die Bevölkerung im Libanon und für Millionen von Flüchtlingen in Lagern. Das gilt für die Menschen, die seit mehr als 20 Jahren versuchen, den endlosen, US-geführten „Kriegen gegen den Terror“ und den „vielen Arten von Krieg Israels“ im Nahen und Mittleren Osten zu widerstehen.

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Der schmutzige Krieg gegen die Palästinenser wird auf den Libanon ausgeweitet

In New York, am Sitz der Vereinten Nationen, hob sich am Montag der Vorhang zur Bühne für Staatschefs aus aller Welt. UN-Generalsekretär António Guterres rief dazu auf, eine „Zukunft für unsere Enkelkinder zu schaffen“. Für die Libanesen aber begann in den frühen Morgenstunden der tödlichste Tag seit dem Bürgerkrieg, der von 1975 bis 1990 dauerte.

Weder für die Kinder in Palästina und Libanon noch für deren Kinder und Enkelkinder soll es nach dem Willen Israels eine Zukunft geben. Israel, seit 1949 Mitglied der Vereinten Nationen unter dem Vorbehalt, die UN-Resolutionen in Sachen Palästina und die UN-Charta einzuhalten, hat am Montag (23.9.2024) in wenigen Stunden 274 Menschen in einem Bombenhagel getötet, wie der libanesische Gesundheitsminister auf einer Pressekonferenz in Beirut am Nachmittag mitteilte. Mehr als 1000 Menschen wurden verletzt. Nur wenige Stunden später war die Zahl der Toten auf 356 gestiegen, die Zahl der Verletzten auf 1.256. Auch zwei Rettungssanitäter wurden getötet. Am nächsten Morgen (24.9.2024) wird die Zahl der Toten mit 492 angegeben, darunter 35 Kinder und 58 Frauen.

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Im Gespräch: Die Lage im Nahen und Mittleren Osten

Die Situation im Nahen Osten hat sich in den vergangenen Wochen enorm zugespitzt. Nach den beiden Anschlägen Israels auf hochrangige Vertreter der Hamas und des Iran ist die Gefahr eines Flächenbrandes größer denn je. Auch der Krieg in Palästina scheint nach den gescheiterten Friedensverhandlungen in Kairo nicht am Verhandlungstisch lösbar zu sein. Die Angriffe Israels gehen unvermindert weiter, ein Ende ist weiterhin nicht in Sicht. Wie gefährlich ist die gegenwärtige Lage und welche Möglichkeiten einer friedlichen Lösung stehen zur Verfügung?

Darüber sprach Flavio von Witzleben mit der Nahost-Korrespondentin Karin Leukefeld, die seit über zwanzig Jahren aus der umkämpften Region berichtet und erst kürzlich im Südlibanon war, um sich ein eigenes Bild der Lage zu machen. Im Gespräch berichtet sie von ihren Erfahrungen an der „Blauen Linie“, die einst von der UN als Demarkationslinie gezogen wurde. Des Weiteren geht sie auf die Situation der Palästinenser ein, wobei sie die humanitäre Lage, die lebensgefährliche Arbeit von Journalisten und den Überlebenskampf der Menschen skizziert.

Zum Gespräch: https://apolut.net/im-gespraech-karin-leukefeld/

Die „Blaue Linie“ brennt – Hisbollah übt Vergeltung

Die »Blaue Linie« brennt. Am Sonntagmorgen eskalierte der militärische Schlagabtausch zwischen Israel und dem Islamischen Widerstand, einem Bündnis um die libanesische Hisbollah. Israelischen Medien zufolge sollen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Kriegsminister Yoav Gallant persönlich den Angriff beaufsichtigt haben. Tausende Raketen und Abschussrampen seien zerstört worden, hieß es aus Tel Aviv. Basierend auf Informationen des militärischen Geheimdienstes, habe man einen »Präventivangriff« gegen den Süden des Libanon ausgeführt, um einen »unmittelbar bevorstehenden« Angriff der libanesischen Hisbollah zu vereiteln.
In einer offiziellen schriftlichen Erklärung am Sonntagnachmittag teilte die Hisbollah
gegenüber Medien mit, die Organisation habe den Vergeltungsschlag für den Mord an
Fouad Shokr aus »politischen Erwägungen« hinausgezögert, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Konkret wurden die laufenden Gespräche für einen Waffenstillstand im Gazastreifen und die Freilassung von israelischen und palästinensischen Gefangenen genannt. Zudem habe die Hisbollah »daran gearbeitet«, mit ihrer Reaktion auf den Mord an Fouad Shukr keinen regionalen Krieg auszulösen.

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Israelische Kriegseskalation auf den von Israel besetzten syrischen Golanhöhen

Eine Explosion auf einem Fußballplatz in dem kleinen Ort Majdal Shams Ende Juli tötete 12 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 – 20 Jahren. Der Ort liegt unterhalb des Jbeil Scheich (Berg Hermon) auf den von Israel völkerrechtswidrig besetzten und annektierten syrischen Golanhöhen. In dem Ort leben syrische Drusen und Christen. Ein Augenzeuge berichtete, es habe Raketenalarm gegeben und die Kinder seien auf einen Schutzraum zugelaufen. Auf dem Weg dorthin seien sie getroffen worden.

In israelischen „sozialen Medien“ wurde umgehend die libanesische Hisbollah beschuldigt. Die Hisbollah wies den Vorwurf postwendend zurück. Ein Hisbollah-Vertreter sagte gegenüber der UN-Mission im Libanon, UNIFIL, die Explosion sei vermutlich durch eine fehlgeleitete israelische Abfangrakete ausgelöst worden.

Knapp zwei Wochen nach dem Ereignis in Majdal Shams kam es in dem nordisraelischen Ort Nahariya am 6. August zu einem ähnlichen Vorfall. Die Tageszeitung Times of Israel berichtete, 19 Personen seien an besagtem Dienstag (6.8.24) verletzt worden, nachdem eine Hisbollah-Drohne den Westen von Galiläa angegriffen habe. Doch noch am gleichen Tag räumte die israelische Luftwaffe gegenüber der Tageszeitung Maariv ein, die Verletzungen der betroffenen Personen seien durch eine fehlgeleitete israelische Abfangrakete verursacht worden. „Nach ersten Ermittlungen scheint es sich um eine technische Fehlfunktion der Rakete zu handeln, nachdem diese auf die Drohne abgefeuert wurde und diese verfehlte“, hieß es in dem Maariv-Artikel. Die Raketen des Abfangsystems Iron Dome seien so programmiert, dass sie sich in der Luft selbst zerstören, sollten sie ihr Ziel – in diesem Falle die von der Hisbollah abgefeuerte Drohne – verfehlen. „Es ist nicht klar, warum die Rakete die Drohne verpasst hat und warum sie sich nicht selbst in der Luft zerstört hat.“

Die israelische Luftwaffe kann die technische Fehlfunktion einer Abfangrakete des Iron Dome feststellen. Was also geschah in Majdal Shams?

Der Artikel kann bei globalbridge.ch weitergelesen werden:  https://globalbridge.ch/israel-betreibt-auch-auf-den-von-israel-besetzten-syrischen-golanhoehen-die-kriegseskalation/

Südlibanon: Verbranntes Land

„Wo wollen Sie hinfahren, wen wollen Sie treffen?“, fragt der Beamte der Südlichen Region in Saida. „Ich möchte mit der Bevölkerung sprechen“, so die Autorin. „Es geht um die Folgen der israelischen Angriffe auf die ländlichen Gebiete mit weißem Phosphor und die Folgen für die Bevölkerung. Sicherlich können doch die Mitarbeiter des Zivilschutzes darüber Auskunft geben.“ Ob es möglich sei, nach Naqura zu fahren? Aus der Umgebung gebe es viele Berichte über solche Angriffe. Der Offizier überlegt kurz und sagt dann, Naqura sei nicht sicher. Erst am Morgen habe Israel in der Umgebung wieder bombardiert. „Fahren Sie Richtung Marjayoun. In Ibil al Saqi finden Sie das Hotel Dana, wo viele Journalisten wohnen. Dort werden Sie Ansprechpartner finden.“

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Die Reportage basiert auf Recherchen der Autorin im Südlibanon am 18. Juli 2024

Gaza: Israels konsequente Ermordung der Menschen geht unbehindert weiter

Am 6. Mai 2024 begann die israelische Armee eine Bodenoffensive auf die Stadt. Zwei Monate später präsentiert das Militär ausländischen Journalisten stolz das Ergebnis seines Angriffs: Rafah liegt in Schutt und Asche. Israelische Soldaten mit Sturmgewehr und Maske posieren zwischen den Trümmern für die Fotografen. Die UNO spricht von möglicherweise 50.000 Palästinensern, die dort noch ausharren. Zu sehen sind sie nicht.

Noch im Februar hatte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock über soziale und Medienkanäle die Welt wissen lassen, dass sich „1,5 Millionen Menschen (in Rafah) nicht einfach in Luft auflösen“ könnten. „Eine Offensive der israelischen Armee auf Rafah wäre eine humanitäre Katastrophe mit Ansage“, so Baerbock. Die Kinder müßten geschützt werden, Hilfsgüter müßten zu den Menschen gelangen.

Wo auch immer die 1,5 Millionen Menschen aus Rafah sein mögen, sie werden weiter täglich angegriffen. Täglich werden im gesamten Gazastreifen Zeltlager, Notunterkünfte in Schulen, Menschen in bereits zerbombten Ruinen und Flüchtlingslagern von der israelischen Armee bombardiert. Täglich sterben Dutzende Menschen, täglich verlieren mindestens 10 Kinder durch die Angriffe Arme, Beine, Hände, Füsse.

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Reden vom Krieg

Wird es Krieg gegen den Libanon geben? Israel will das Land „in die Steinzeit“ zurück bomben. Die Hisbollah will keinen Krieg, sondern Waffenstillstand in Gaza. Die USA und die NATO-Länder senden widersprüchliche Signale aus.

Die Libanesen rätseln, ob Israel den Angriff auf ihre Heimat wagen wird und ob man den USA vertrauen kann, wenn deren Abgesandte sagen, man wolle Israel von dem Krieg abhalten. In Washington lautete vor wenigen Tagen die Botschaft des Pentagons an den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant, dass ein erneuter Krieg zwischen Israel und der Hisbollah „leicht ein regionaler Krieg werden“ könne, „mit schrecklichen Auswirkungen für den Mittleren Osten.“

Der Bundesnachrichtendienst sandte eine hochrangige Delegation nach Beirut, um mit dem stärksten politischen und militärischen Akteur in der Region zu reden, mit der Hisbollah.

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